Freitag, 10. November 2017

Reform der Entsenderichtlinien in der EU: Werden 24h Pflegekräfte bald besser gestellt? Tipps für betroffene Familien

Die Europäische Union plant eine Überarbeitung der sogenannten Entsenderichtlinien nach dem Motto "gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort". Auch die Kontrollen von Beschäftigten im Entsendestatus will die EU verschärfen – das würde in der Praxis auch die Pflegebranche in Deutschland treffen, wo sehr viele EU-Arbeitnehmer tätig sind. 

Was ist das Prinzip der Entsenderichtlinie?
Die europäische Entsenderichtlinie aus dem Jahr 1996 regelt, unter welchen Bedingungen Unternehmen aus einem EU-Land Arbeitskräfte in ein anderes EU-Land "entsenden" dürfen. Als die Entsenderichtlinie vor zwei Jahrzehnten beschlossen wurde, sollte neben dem Handel mit Warengütern auch die Möglichkeit geschaffen werden, länderübergreifend Dienstleistungen im EU-Binnenmarkt anbieten zu können.


Jedes Unternehmen in der EU darf seither Aufträge in der ganzen EU annehmen und mit eigenen Arbeitskräften ausführen – unter der Bedingung, dass die im Auftragsland üblichen Arbeitsvorschriften und die Zahlung des dortigen Mindestlohns eingehalten werden. Intensiv genutzt wird dieses Vorgehen seitdem unter anderem im Baugewerbe wie auch in der Pflegebranche. Fast jeder slowakische Polier, rumänische Lkw-Fahrer oder jede polnische 24h-Betreuerin in Deutschland arbeiten unter dieser Vorgabe.


Rechtliche Vorgaben werden nicht beachtet
In der Realität wurden diese Maßgaben häufig umgangen, und gerade im Bereich der Pflege fehlten intensive Kontrollen. In über 300.000 Privathaushalten in Deutschland versorgen osteuropäische Betreuungskräfte pflegebedürftige Senioren „rund um die Uhr“. Diese sogenannte „24-Stunden-Betreuung“ hat sich zu einer tragenden Säule und damit zu einem elementaren Bestandteil des deutschen Gesundheits- und Sozialwesens entwickelt. Rechtliche Grundlage dieser sogenannten „24-Stunden-Betreuung“ ist eben diese Entsendung von Betreuungskräften durch eine ausländische Agentur. Alternativ dazu gibt es die Tätigkeit als selbstständige Betreuungskraft mit Gewerbe in Deutschland.


Hausengel-PflegeAllianz e.V. begrüßt den Vorstoß der EU
Die Hausengel PflegeAllianz e.V. setzt sich für die Bedürfnisse und Rechte aller am Pflegeprozess beteiligten Personen ein – dazu zählen die Pflegebedürftige selbst, deren Angehörige, wie auch deren Pflege- und Betreuungskräfte. Insbesondere der Aufklärungsarbeit und dem Aufdecken von Missständen hat sich der gemeinnützige Verein verschrieben.

Markus Oppel, Vorsitzender der Hausengel PflegeAllianz e.V. bekräftigt daher den Vorstoß der EU: "Wir begrüßen eine Überarbeitung der Entsenderichtlinien in der geplanten Form. Für uns ist der Dreh- und Angelpunkt ein Plus an Gerechtigkeit und Transparenz für die in Deutschland arbeitenden Betreuungskräfte. Für eine stetige Verbesserung deren Arbeitsbedingungen setzen wir uns seit Jahren mit Hingabe ein.“ Oppel erklärt weiter: „Schwarzen Schafen in der Branche, die vielleicht sogar die aktuell herrschende Entsenderichtlinien für Betreuungskräfte umgehen, wird damit nochmals schärfer begegnet. Die geplante Verstärkung von Kontrollen im In- wie osteuropäischen Ausland spiegelt unsere jahrelangen Forderungen wider.“

Neues Beratungsdokument dient der Qualitätssicherung

Aber auch pflegende Angehörige und die Betreuungskräfte selbst sieht Oppel in der Pflicht genau hinzuschauen: „Wir haben jüngst einen umfassenden Beratungsbogen für Betreuungskräfte erarbeitet, anhand dessen sie Beratungsgespräche mit Vermittlern dokumentieren können. Diese Beratungsdokumentation soll gewährleisten, dass eine Betreuungskraft von ihrem Vermittler über alle wichtigen Themen der Betreuung in häuslicher Gemeinschaft informiert und aufgeklärt wurde."

Allen Beteiligten dient das Dokument der Qualitätssicherung durch Transparenz. Es steht jedem auf der Website frei zum Download zur Verfügung: https://www.hausengel-pflegeallianz.de/

Darüber hinaus sollten auch Angehörige von Betreuten die Verschärfung der Entsenderichtlinien bewusst zum Anlass nehmen, genau hinzuschauen wie die rechtlichen Arbeitsbedingungen der Betreuungskraft von Seiten der vermittelnden Agentur sind.

Oktober 2017. Redaktion pflegeinfos.net

Copyright Foto: PR


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