Folgender Beitrag erschien im Magazin des Wohlfahrtswerks für Baden-Württemberg, Ausgabe 1/2016:
Bewegung im Altersheim mal anders: Im Haus am Kappelberg (Fellbach, Rems-Murr-Kreis) steigt einmal im Monat ein „Tanztreff“ für Bewohner mit Rollatoren – und einer professionellen Tanzlehrerin.
Polonaise mit Rollator: Spaß und Bewegung für ältere Menschen |
Beim Wiener Opernball schreiten die Debütanten in festlichen Roben mit einer Polonäse in den Saal, beim Rollator-Tanztreff im Haus am Kappelberg stellen sich die Teilnehmer mit ihren Rollatoren in Zweierreihe auf und drehen auch eine kleine, syncrone Runde. Das Prinzip aber bleibt das gleiche: gemeinsam schöne Momente in Bewegung genießen; Körper, Kopf und Koordination fördern.
Bereits seit vier Jahren kommt die Tanzlehrerin Sylvia Scheerer in die Einrichtung nach Fellbach (Rems-Murr-Kreis), um den Tanztreff durchzuführen. Bis zu 15 Bewohnerinnen und Bewohner aller Hausbereiche sind dann mit Feuereifer dabei. Das liegt zum einen an Sylvia Scheerer, die sehr persönlich mit den Teilnehmern umgeht und schnell mal durch den Saal läuft, um einer schwerhörigen alten Dame nochmals die nächste Übung ins Ohr zu sagen, ehe sich die Schar in Bewegung setzt. Zum anderen ist es die Musik: von Wiener Walzer über Schlager der 40er Jahre bis zu einem flotten Boogie Woogie ist alles zu hören.
Mal sitzend, mal in Bewegung
Rund eine Stunde läuft der Kurs und Sylvia Scheerer wechselt ab zwischen Aktivitäten auf Stühlen hinter den Rollatoren und der Bewegung mit dem Hilfsgeräten im Raum. Ein schönes Bild bietet folgende Übung: In der Mitte liegen große Mikadostäbe zum Stern geformt, während die Teilnehmer einen großen Kreis darum bilden. Nun wird durchgezählt: „Eins, zwei, eins, zwei...“ – Auf Kommando „eins“ bewegen sich alle Einser von außen auf den Stern zu, klatschen noch dazu und gehen langsam retour. Dann folgt die Zweier-Gruppe.
Mit den Mikadostäben lassen sich auch im Sitzen bequem verschiedene Bewegungen ausführen, entweder über dem Kopf überkreuzen oder damit auf den Rollator tippen. Richtig lässig sieht es aus, wenn zu Boogie Woogie flaniert wird – dann legen die Senioren auch einen kleinen Hüftschwung nach links und rechts hin.
Sylvia Scheerer (links) demonstriert alle Übungen in Ruhe |
Glücksgriff mit Profilehrerin
Mit Sylvia Scheerer hat das Haus am Kappelberg das große Los gezogen. Sie ist ausgebildete Tanzlehrerin des ADTV (Allgemeiner Deutscher Tanzlehrerverband), fördert schon lange Rollstuhl-Tanzen, organisiert die jährlichen Ludwigsburger Rolllstuhltanztage mit und ist jetzt offiziell „ADTV-Rollator-Tanz-Beauftragte“ für Deutschland. Neben der Fellbacher Einrichtung besucht sie weitere Altenheime in der Region und will in Zukunft verstärkt Verantwortliche und Betreuungsassistenten für den Rollator-Tanz schulen, damit er noch mehr Verbreitung findet.
Für die Fachfrau sind die Übungen ideal für Herz, Kreislauf, Koordination und Kommunikation. Sylvia Scheerer: „Wir liegen damit optimal in der Mitte zwischen dem aktiven Seniorentanz und dem Sitztanz, wo die älteren Menschen nur sitzend zu Musik Bewegungen ausführen. Der Rollator gibt beim Tanz zusätzlichen Halt, so dass keiner Angst haben muss.“
Tipp für Einrichtungsleiter, Betreuungsassistenten und Senioren-Betreuer: Sylvia Scheerer hat ein Buch mit-veröffentlicht, in dem sie Anregungen für Rollatoren-Tanz gibt. Erhältlich ist es aber nur in Verbindung mit einem Weiterbildungskurs für Rollatorentanz. Mehr über das Projekt Rollator-Tanz lesen Sie HIER.
Mai 2016. Frank Bantle/Redaktion pflegeinfos.net
Copyright Fotos: Bantle
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