Der nachfolgende Beitrag wurde in der Hauszeitschrift des Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg (www.wohlfahrtswerk.de) im Frühjahr 2016 veröffentlicht:
Was tun, wenn man als Bewohnerin oder Bewohner ein paar Produkte des täglichen Bedarfs benötigt, aber die Einrichtung nicht mehr verlassen kann oder auf Hilfe beim Einkaufen angewiesen ist? Drei Lösungen aus dem Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg im Kurzporträt.
1. Altenburgheim Stuttgart Bad-Cannstatt: Hilfe von der Schülerfirma
„Was steht auf unserer Einkaufsliste?“ – Sulaf und Sanela, beide 14 Jahre alt, lesen vor: „Ein Glas saure Gurken, 500 Gramm Apfelsinen, helle Trauben ohne Kerne, Feuchtigkeitscreme und eine Packung Meisenknödel“. Gemeinsam mit Kristina (14) und Melanie (16) starten sie an diesem Nachmittag vom Altenburgheim aus zu einer kleinen Shoppingrunde, begleitet von Margareta Kirchhoff, pädogogische Fachkraft an der Steigschule. Die Bestellungen wurden am Vortag von Bewohnern der Einrichtung aufgegeben. Nach einer Stunde sind die vier Teenager wieder da und bringen nun die Artikel persönlich bei jedem älteren Menschen vorbei. In aller Regel hat eine Schülerin für je einen Bewohner die Waren in ihrer Tasche, überreicht sie und listet die Kosten auf.
Entweder bezahlen die „Kunden“ dann sofort in bar – oder der Betrag wird vom Heim über das Taschengeldkonto abgebucht. Zwei bis drei Mal pro Monat läuft dieser Einkaufsservice zum Wohl der Beteiligten im Altenburgheim und in der benachbarten Förderschule. „Unsere Bewohner kommen dadurch an Süßigkeiten, Drogerieartikel, Zeitschriften oder exotische Früchte, die es sonst im Haus nicht gibt“, berichtet Sabine Hogh vom Sozialdienst. Sie kümmert sich gemeinsam mit einer FSJ-Mitarbeiterin darum, dass die Bestellungen auf einer Einkaufsliste gebündelt werden – die Schülerinnen können dann gleich in die umliegenden Supermärkte und Läden ausschwärmen.
Das Projekt läuft in der Stuttgarter Steigschule als Schülerfirma: Alle vier „Mitarbeiterinnen“ mussten sich für den Job bewerben und erhalten auch ein kleines Entgelt dafür. Die Kosten trägt die Dr. Klaus Lang Stiftung. Sanela, Sulaf, Kristina und Melanie profitieren also doppelt vom Einkaufsservice: Sie bekommen so Kontakte zu älteren Menschen und einer Altenhilfeeinrichtung (Arbeitgeber) – außerdem lernen sie reale Abläufe einer professionellen Dienstleistung kennen.
Wohnzentrum Grüne Burg, Pfullendorf: "Marktlädele" für Bewohner |
2. Wohnzentrum Grüne Burg, Pfullendorf: Marktlädele rollt durchs Haus
Nach einer mehrmonatigen Pause startete im Januar 2016 im Wohnzentrum Grüne Burg das „Marklädele“ wieder seinen Betrieb. Mit dem kleinen Wagen versorgt die Einrichtung in Pfullendorf Bewohnerinnen und Bewohner mit Körperpflegeprodukten, Zeitschriften oder Süßem. „Gerade unsere autonomen Bewohner sind sehr glücklich, dass es nun weitergeht mit dem Projekt“, berichtet Verwaltungsmitarbeitern Sonja Braun. „Es gibt ihnen vermutlich das Gefühl von Selbstbestimmtheit, ohne jemanden um Besorgungen bitten zu müssen.“ Zusammen mit Helena Hensch-Senin (Betreuungsassistentin) organisiert sie jeden Dienstagmittag die Verkaufstour.
Zu den Terminen und den angebotenen Produkte hängt in jeder Wohngemeinschaft sowie im Aufzug ein Infoblatt. Im Angebot des rollenden Minimarkts sind Körperpflegeprodukte (Duschgel, Deo, Creme, Rasierutensilien, Zahn- bzw. Prothesenpflege) und eine stets gut bestückte "Süßwarenabteilung" mit Keksen, Erdnüssen, Schokolade, Schokoküsse, Bonbons und Gummibärchen. Sonja Braun: „Wir beginnen unsere Runde mit frisch gefülltem ‚Lädele’ und besuchen alle Personen auf den Zimmern oder im Aufenthaltsbereich. Manche warten schon freudig, andere stöbern nur kurz und gehen dann wieder.“
Durch den persönlichen Kontakt erfährt das Marktlädele-Team auch von Sonderwünschen, die dann in der nächsten Woche mitgebracht werden. Renner im Sortiment sind neben Schokoküssen derzeit Schokolade und Kekse, die aber vielfach an Besucher, Familienangehörige oder Mitarbeiter der Grünen Burg weiterverschenkt werden.
3. Haus Heckengäu, Heimsheim: Einkaufen mit Chauffeur
So macht Einkaufen besonders Spaß: mit Chauffeur, einem geräumigen Kleinbus, Ausstieghilfe und immer netten Gesprächen auf der Fahrt und in den Läden. Im Haus Heckengäu (Enzkreis) profitieren rüstige und mobile Senioren von diesem Angebot. Zweimal pro Monat fahren sie Ehrenamtliche zu zwei Lebensmitteldiscountern und einem Drogeriemarkt in Heimsheim. Dann können sie dort in Ruhe persönliche Einkäufe tätigen, den einen oder andern Schwatz halten und vor allem einmal was anderes sehen. Bequem und schnell geht es anschließend mit dem „Busle“ wieder in die Einrichtung, die auf einer Anhöhe liegt.
Bei entsprechender Nachfrage, so Leiterin Tina Laubengeiger, würde es im Frühjahr und Sommer auch eine Tour in ein Gartencenter nach Leonberg geben. Der hauseigene Kleinbus ist zudem an weiteren Tagen im Shopping-Einsatz: Seit Juli 2015 bietet der Stadtseniorenrat Heimsheim für ältere Mitbürger einen Einkaufs-Fahrdienst an – den Bus stellt das Haus Heckengäu, zehn Ehrenamtliche übernehmen die Touren.
Jeden Dienstag- und Donnerstagnachmittag können sich Senioren im Ort an ihrer Haustüre abholen und zu Wunschadressen chauffieren lassen. Die Resonanz auf dieses Angebot ist sehr gut. Sowohl die Fahrer wie auch die älteren Fahrgäste berichten von netten Unterhaltungen und neuen Kontakten während der Einkaufsrunden.
Mai 2016. Frank Bantle/Redaktion pflegeinfos.net
Copyright Foto: PR/Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg
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