Donnerstag, 2. Juni 2016

Deutsche Schlaganfall-Hilfe mit "Hilfsmittelpass". Einführung 2017 geplant, bessere Koordination in der Reha-Phase nach Schlaganfall

Am bundesweiten Tag gegen den Schlaganfall 2016, am 10. Mai, erhielten Patienten am Klinikum Ibbenbüren erstmals einen sogenannten "Hilfsmittelpass". Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe will ihn nach einer Testphase im nächsten Jahr 2017 bundesweit einführen. Bei der Konzeption und im Praxistest wird die Initiative von der praxisHochschule unterstützt.

Hintergrund: Jährlich erleiden 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Die Volkskrankheit ist die häufigste Ursache für Behinderungen, viele Betroffene sind nach dem Schlaganfall auf Hilfsmittel angewiesen. Doch die optimale Versorgung bleibt hier oft ein Manko unseres Gesundheitssystems. Ein Grund: An der Behandlung und Versorgung eines Schlaganfall-Patienten sind viele Spezialisten beteiligt und die Koordination ist nicht immer die beste.

„Eine Zusammenarbeit über die so genannten Sektoren hinweg ist nicht selbstverständlich“, erläutert Christina Habig, Projektleiterin der Schlaganfall-Hilfe. „Häufig ist der Patient selbst das Medium, das die Informationen von A nach B tragen muss.“ Schwierig werde es dann, wenn er dazu nicht in der Lage ist. Und das trifft auf den Großteil der Schlaganfall-Patienten zu, die zudem noch medizinische Laien sind

Hilfsmittelpass für Schlaganfall-Patienten. Am Modellprojekt sind u.a. beteiligt (v.l.): Daniel Koopmeiners, Dr. Florian Bethke, Christina Habig und Prof. Dr. Michael Wessels
 

Dabei sind Betroffene oft ihr Leben lang auf Behandlungen und Hilfsmittel angewiesen. Hilfsmittel müssen immer individuell angepasst werden, und im Verlauf der Erkrankung können sich Änderungen im Bedarf ergeben. Studien zeigen, dass viele Hilfsmittel schon nach kurzer Zeit ungenutzt in der Ecke landen. 

Praktisch für Ärzte, Therapeuten und Sanitätshäuser
Ein zusätzliches Problem: Der Markt an Hilfsmitteln ist heute so groß und spezialisiert, dass sich nur Experten wirklich damit auskennen. Umso wichtiger ist es, dass alle an der Versorgung Beteiligten ein Medium haben, über das sie kommunizieren können. Der neue Pass in Heftgröße (DIN A5) enthält alle wichtigen Informationen über Therapien, Therapieziele, Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel des Schlaganfall-Patienten.

Zudem dokumentiert er die Entwicklungen im Zeitverlauf. Alle Beteiligten können Eintragungen vornehmen. Klinik-, Fach- und Hausärzte, Therapeuten und Sanitätshausmitarbeiter können auf diese Weise miteinander kommunizieren. Datenschutz ist gewährt, denn der Patient oder ein pflegender Angehöriger bleibt Besitzer des Passes und Hüter der Daten.

Die Testphase läuft jetzt am Klinikum Ibbenbüren (Betriebsstätte St.-Elisabeth-Hospital) an. Chefarzt Dr. Florian Bethke und sein Team der Neurologischen Klinik werden den Pass an 80 Patienten der Stroke Unit (Schlaganfall-Station) ausgeben, sofern diese bereit sind, an dem Modellprojekt teilzunehmen.

praxisHochschule begleitet Modellprojekt

Gegen Ende 2016 wird die Gruppe dann durch Prof. Dr. Michael Wessels von der praxisHochschule Campus Rheine zu ihren Erfahrungen befragt. „Ein spannendes Projekt“, urteilt der Hochschullehrer, „ weil es einen echten Mehrwert für die Patienten und die Versorger bieten kann“. Auch eine Kontrollgruppe von 80 Patienten ohne Heil- und Hilfsmittelpass wird interviewt. So erhalten die Projektpartner Aufschluss darüber, wie sehr die Patienten von dem Pass profitieren können, und bekommen gleichzeitig Rückmeldungen zur Optimierung. 

Bundesweite Einführung für 2017 geplant
Unterstützt wird das Projekt durch das Netzwerk Schlaganfall Steinfurt e.V. (NeSSt). „Wir freuen uns, dass die Schlaganfall-Hilfe uns als Modellregion ausgewählt hat“, sagt dessen Vorsitzender Daniel Koopmeiners aus Rheine. „In der Schlaganfall-Nachsorge können wir noch einiges optimieren, deshalb haben wir das Projekt von Beginn an unterstützt“.

Mit den im nördlichen Kreis Steinfurt gemachten Erfahrungen wird die Deutsche Schlaganfall-Hilfe den Hilfsmittelpass dann überarbeiten, um ihn 2017 deutschlandweit allen Patienten anbieten zu können.

Infos zur Hilfe bei Schlaganfall auch unter www.schlaganfall-hilfe.de


Juni 2016. Redaktion pflegeinfos.net
Copyright Foto: PR/praxisHochschule




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