Unter dem Titel „Betreuung in häuslicher Gemeinschaft im Pflege-System“ kamen im April 2018 in der Freien Universität Berlin über 100 Unternehmer, Wissenschaftler und Experten aus Polen und Deutschland zum bisher größten Branchen-Workshop zusammen.
Der vom Verband für häusliche Betreuung und Pflege e.V. (VHBP) und der Labour Mobility Initiative Krakau (LMI) organisierte Workshop förderte den intensiven Austausch zu folgenden Fragen: Wie lässt sich Betreuung in häuslicher Gemeinschaft institutionalisieren und in das Pflege-System verlässlich integrieren? Was braucht es, um Betreuung in häuslicher Gemeinschaft und ambulante Pflege anschlussfähig zu machen?
Am besten ist: ambulante Dienste und 24h Betreuung kooperieren
Im ersten Themenblock ging es um die Verzahnung von Betreuung in häuslicher Gemeinschaft mit ambulanten Pflegediensten. Diese „Tandemlösung“ bietet eine optimale Betreuung, erfordert aber eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen den Anbietern. Wie dies gelingen kann, konnten die Teilnehmer anschaulich am Best-Practice-Beispiel des Pflegedienstes La Vie und der Seniorenhilfe Pflegeherzen erfahren. Auch bei den „Big Playern“ der Pflegewirtschaft beschäftigt man sich mit den Perspektiven für ambulante Träger, wie Isabell Halletz, Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Pflege e.V. aufschlussreich schilderte.
Immer mehr alleinlebende Senioren beschäftigen eine 24h Haushaltshilfe |
Sprachen lernen per App
Danach widmete sich der Workshop einem Schlüsselthema der Branche: Weiterbildung und Qualifizierung der Betreuungspersonen. Prof. Dr. Arne Petermann von der Linara GmbH in Berlin stellte die verschiedenen, bereits existierenden Zertifikatsprogramme vor. Tomasz Pilat von der Akademia Opiekunów in Krakau lenkte mit seinem Vortrag die Aufmerksamkeit auf das kontroverse Thema: Wie viel Fachkompetenz brauchen die Betreuungspersonen? Wie der Erwerb von Sprachkompetenz per App für Betreuerinnen und Betreuer funktionieren kann und welche Ressourcen es dafür braucht, zeigte im Anschluss Alfred Hofer von der österreichischen Initiative Vision Education.
Rechtslage um die EU-Entsendung
Der dritte Themenblock beschäftigte sich mit den komplexen nationalen sowie internationalen Rechtsvorschriften für die Betreuung in häuslicher Gemeinschaft. Welche rechtlichen Modelle für die Erbringung der Betreuungsdienstleistung in der Praxis anwendbar sind, erläuterte Rechtsanwalt Dr. Tobias Liebau aus Bayreuth. Viele Betreuungspersonen sind auf Grundlage des EU-Entsenderechts in Deutschland tätig. Doch wohin steuert Brüssel bei der zukünftigen Gesetzgebung? Diese Fragen beantworteten die Rechtsexperten Stefan Schwarz und Dr. Marek Benio von der Labour Mobility Initiative aus Krakau (LMI).
In Österreich gibt es schon seit über zehn Jahren das Hausbetreuungsgesetz, mit dem ein wirksames Gerüst von Qualitätsstandards und Qualifikationsanforderungen für die dort tätigen, sogenannten „Personenbetreuer“ und Vermittlungsagenturen geschaffen wurde. Rechtsanwalt Frederic Seebohm aus Bonn erörterte, ob dieses Gesetz ein Vorbild für Deutschland sein könnte.
Verband für 24h Betreuung in Deutschland: VHBP
Der 2014 gegründete "Verband für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP) e.V." ist der mitgliederstärkste Verband der Branche. Er ist die erste unabhängige, europaweite Interessensvertretung von Anbietern und Dienstleistern der Betreuung in häuslicher Gemeinschaft (sogenannte 24-Stunden-Betreuung). Er setzt sich für eine legale und qualitativ hochwertige Betreuung und Pflege im häuslichen Umfeld ein.
Um Schwarzarbeit zu bekämpfen, hat der VHBP e.V. eine Erklärung formuliert, zu deren Einhaltung sich alle 33 Mitgliedsunternehmen verpflichten. Zweck des Vereins sind die Herstellung von Rechtssicherheit für Betreuung in häuslicher Gemeinschaft und der Kampf gegen die Schwarzarbeit. Gleichermaßen sind Qualitätsstandards eine notwendige Voraussetzung im Anerkennungsverfahren gegenüber Behörden auf dem Weg zur angestrebten Zertifizierung von Agenturen in Deutschland durch den VHBP.
Juli 2018. Redaktion pflegeinfos.net
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