Donnerstag, 1. Juni 2017

Diabetes und Impotenz: Zusammenhänge und Hilfsangebote für Betroffene – ein Urologe mit Tipps aus der Praxis



Dr. Christian Leiber, Klinik für Urologie, Uniklinik Freiburg


Bei Diabetikern gehört die erektile Dysfunktion zu den Tabuthemen. Etwa vier Millionen Männer leiden in Deutschland unter Erektionsstörungen. Der Hausarzt ist meist der erste Ansprechpartner für den Diabetiker. Aufgrund von Kommunikationsproblemen zwischen Arzt und Patient wird die Erektile Dysfunktion aber häufig tabuisiert.

Bei einer Erektilen Dysfunktion (ED) sind die Ursachen zu etwa 80 Prozent organisch. Vasculäre Faktoren spielen mit etwa 40 Prozent die größte Rolle. Neurogene Ursachen, einige Medikamente, Alkohol- und Nikotinabusus, Hypertonie und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus können weitere auslösende Faktoren sein, so der Androloge und Urologe Dr. Christian Leiber, Oberarzt an der Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Freiburg. Ab einem Alter von 60 Jahren nimmt die Impotenz laut der Kölner Studie auf etwa 35 Prozent zu.

Diabetes mellitus und Errektionsstörungen

Bei einer vorliegenden ED und Diabetes mellitus ist bei etwa 30 Prozent der Patienten die Stoffwechselerkrankung die Ursache. Besteht die Stoffwechselstörung bereits etwa 10 Jahre oder länger, sind etwa 50 Prozent der Erektionsstörungen ursächlich beim Diabetes mellitus zu finden. Etwa 60 bis 70 Prozent der Nerven und des Endothels im Penis ist bei den Betroffenen irreversibel geschädigt. „Dadurch kommt es zu Störungen oder zum Ausbleiben der natürlichen Erektionsfähigkeit“, so Leiber.

Kommunikation zwischen Arzt und Patient verbessern

Bei den Patientengesprächen sollte der behandelnde Mediziner seine männlichen Patienten auch auf den Geschlechtsverkehr ansprechen. Die meisten Patienten scheuen sich zwar über das Thema zu sprechen, sind aber häufig sehr froh, wenn Sie auf das Problem vom Arzt angesprochen werden. Häufig leiden das Selbstwertgefühl und ebenso die Beziehung zum Partner.

„Ein großer Teil der Patienten, die bei mir in die Sprechstunde kommen, berichten, dass sie noch nie von ihrem behandelnden Arzt auf die Erektile Dysfunktion angesprochen worden sind“, so Dr. Leiber. „Hier gibt es häufig ein Kommunikationsproblem zwischen Arzt und Patient. Ich wünsche mir, dass über die Erektile Dysfunktion mehr und offener kommuniziert wird, um mit den Patienten offener über die ED zu sprechen. Den Patienten kann dadurch häufig schneller geholfen werden.“

Therapiemöglichkeiten bei einer ED 

Im Vordergrund steht die medikamentöse Therapie mit Phosphodiestherase-5-Hemmern. Sie ist bei Patienten mit einer ED nicht immer zielführend. Voraussetzung für eine adäquate Therapie ist eine umfassende fachärztliche Diagnostik, betont Dr. Leiber. Bei diesem Patientenklientel liegen sehr häufig Schädigungen der Nerven und der blutführenden Gefäße vor. Deshalb bleibt trotz der Medikamente eine Erektion aus. Die Ursache ist unter anderem in der Mikroangiopathie im Penis zu finden.

Der Wirkstoff „Alprostadil“ wird häufig therapeutisch in den Penis injiziert. Diese Therapie ist teilweise von unerwünschten Nebenwirkungen begleitet: Es kann zu erheblichen Schmerzen im Penis kommen, weiterhin zu einer Penisfibrose oder auch zu Hämatomen an den Injektionsstellen.


Antibakterielle Penisprothesen
Neben Vakuumerektionshilfen, die von den meisten Männern kaum akzeptiert werden, stehen Penisimplantate verschiedener Hersteller zur Verfügung. Je nach Erkrankung kann der Operateur verschiedene, technisch sehr ausgereifte Schwellkörperimplantate zum Einsatz bringen. Da insbesondere Diabetes-Patienten durch die Art ihrer Erkrankung einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind, wurden die Penisprothesen der Firma Boston Scientific (BSCI) antibakteriell beschichtet. Alternativ können Implantate auch in ein beliebiges flüssiges Antibiotikum eingelegt werden. Implantate dieser Firma werden seit 1973 weltweit implantiert. 

Damit eine Erektion erzeugt werden kann, wird das Implantat mit einer Flüssigkeit aufgefüllt. Die Dauer der Erektion ist durch die Entleerung des Implantats steuerbar. „Nach der Operation und einem kurzen stationären Aufenthalt kann das Implantat nach etwa sechs Wochen vom Patienten erstmals angewendet werden“, erklärt der Androloge Dr. Leiber.

Impotenz steigt mit dem Lebensalter

Nach einigen Monaten der Gewöhnung sind die Patienten und Sexualpartner mit dieser Lösung erfahrungsgemäß zu über 90 Prozent sehr zufrieden und der Leidensdruck hat ein Ende.
 

Tipp: Die Kosten des operativen Verfahrens werden von der GKV und PKV, im Gegensatz zur medikamentösen Therapie, voll erstattet.

Juni 2017. Redaktion pflegeinfos.net
Copyright Fotos: PR

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