Donnerstag, 28. Januar 2016

Hunde im Altenheim: Beispiele aus Einrichtungen des Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg - Besuchsdienst mit Vierbeinern

Der nachfolgende Beitrag wurde in der Hauszeitschrift des Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg (www.wohlfahrtswerk.de) im Herbst 2015 veröffentlicht:

Besuchsdienst auf vier Pfoten


Für eine professionelle tiergestützte Therapie in Seniorenheimen gibt es mittlerweile viele Konzepte. Doch auch schon der Besuch von Ehrenamtlichen mit ihren Hunden erfreut Bewohner und bringt Abwechslung in die Einrichtungen.  

Tiere im Altersheim: Sympathieträger bei älteren Menschen
Was für ein Durcheinander im Veranstaltungsraum: Langhaardackel Balou verdrückt sich durch die Beine eines Bewohners; Mischlingshündin Fanny beschnuppert zwei ältere Damen – und Border Collie Kira schlägt auf Kommando ihres Frauchens Heidi Klose Purzelbäume in der Mitte des Stuhlkreises. Es ist mal wieder Hunde-Besuchsdienst im Haus an der Steinlach in Mössingen (Landkreis Tübingen), so wie alle vierzehn Tage. Schon seit einigen Jahren kommen Ehrenamtliche mit ihren Tieren in die Einrichtung, die sich von den Teilnehmern streicheln, füttern oder auch nur bewundern lassen. „Jeder der Hunde hat besondere Eigenheiten, somit ist Abwechslung gewährleistet“, sagt Margarethe Werner, die Leiterin des Sozialdienstes. Gerade die sehr anhängliche und Streicheleinheiten liebende Kira habe ängstlichen Bewohnern die Scheu vor einem Hund genommen. Der Besuchsdienst wird freiwillig von Heide Klose, Sibylle Wahl, Lili Beck und Ruth Weber übernommen.

In der Einrichtung bereitet Margarethe Werner die Termine vor und aktiviert auch Bewohner aus der Pflege sowie Tagespflege-Gäste zur Teilnahme. Im Anschluss an die „Tobe-Stunde“ besuchen die Hundehalterinnen ausgewählte Bewohner auf den Etagen, auf Wunsch sogar bettlägerige Personen. Seit Kurzem wurde der Hunde-Besuchsdienst im Haus an der Steinlach konzeptionell erweitert. Einmal im Monat kommen nun Mädchen und Jungen des Kindergarten Stettiner Straße in die Einrichtung: Sie sind dann ebenfalls dabei, wenn Balou, Fanny, Kira und Farell im Veranstaltungsraum für Unterhaltung sorgen.


Begrüßungs-Karotte für die Hasen
Nur wenige Kilometer von Mössingen entfernt liegt Bisingen im Zollernalbkreis. Dort befindet sich das Haus im Park, wo im März 2015 zum ersten Mal „tierischer Besuch“ seine Aufwartung machte. Die Hunde, Meerschweinchen und Hasen sowie Huhn Adelheid kamen vom Begegnungshof Nepomuk in Balingen. „Die Betreiberin ist ausgebildete Heilerziehungspflegerin mit einer Zusatzqualifikation als Tiertherapeutin und hat auf dem Hof diverse therapeutische Angebote für Kinder, Menschen mit Behinderung oder alte Menschen gemacht“, berichtet Einrichtungsleiterin Marianne Haug. Wer wollte, konnte die handzahmen Tiere streicheln, auf den Schoß nehmen oder mit Gurken, Karotten und Salat füttern. Die Bewohnerinnen und Bewohner bekamen vorab schon den Auftrag, diese Leckereien für die Tiere herzurichten, was sie auch mit viel Freude gemacht haben. Schon hier waren alle aufgeregt und man sprach auch über eigene Tiere in der Vergangenheit. Erinnerungen wurden ausgetauscht.

Karotten für die Meerschweinchen
 Rein theoretisch hätte der Begegnungshof sogar mit Schafen, Esel oder Lamas in das Wohlfahrtswerk-Haus anreisen können. „Aufgrund des doch großen Aufwands haben wir uns beim ersten Besuch aber dagegen entschieden“, sagt Marianne Haug. Heute hätte sie vielleicht anders entschieden, denn leider zog die Betreiberin mit ihrer Familie nach Norddeutschland um, so dass es keine Folgetermine geben wird. Doch ganz ohne Tiere ist auch das Haus im Park nicht. Seit 1999 gehören Katzen zum Inventar. Aktuell schleicht Kater Tarzan über die Gänge. Dank einer Katzenklappe kann er kommen und gehen wie er will. Einige Bewohner mögen ihn sehr, er hält sich auch in deren Zimmer auf, andere meiden ihn – und er sie. Jeden Monat hat Tarzan zudem einen Auftritt im „Heimblättle“: Auf der letzten Seite gibt er humorvoll ein Hausanekdote des Vormonats zum Besten.


Hunde sorgen für guten Blutdruck
Diesen Job könnte im Haus Heckengäu (Heimsheim, Enzkreis) die Hündin Lili übernehmen. Sie kommt mit Frauchen Manuela Ehrler in die Einrichtung und hat dort inzwischen in allen Wohnbereichen viele Fans unter den Bewohnern und Mitarbeitern. Eigentlich unterstützt Manuela Ehrler den Frühstücksdienst, früher holte sie die Tagespflegegäste ab, doch aus großer Verbundenheit mit der Einrichtung führt sie zwei- bis viermal im Monat ehrenamtlich noch eine Hundespielrunde durch. Obwohl ohne spezielle Ausbildung ist Lili für ihre Besitzerin „der geborene Therapiehund“. Lili ist äußerst ruhig und geduldig, lässt sich gerne streicheln und folgt aufs Wort. Bis zu 15 Teilnehmer aus allen Wohnbereichen kommen im Foyer oder Garten zusammen und werfen ihr zum Beispiel einen Tennisball zu. Auch ohne Training legt die Hündin ihr Kinn mal auf das Knie eines Rollstuhlfahrers und „kuschelt“ ein wenig. Einrichtungsleitern Tina Laubengeiger wertet diese Situation so: „Dem Tier ist Aussehen und sozialer Status völlig egal“. Studien würden belegen, dass sich sogar die körperliche Gesundheit von älteren Menschen verbessern lasse, wenn ein Kontakt zu Tieren bestehe. Blutdruck und Herzfrequenz würden positive Werte aufweisen.

Stacheliger Besuch
Im Haus am Weinberg in Stuttgart-Obertürkheim gibt es derzeit keine festen Tier-Besuche. In der Vergangenheit sammelte die Einrichtung jedoch gute Erfahrungen mit einem Zwerghasen und einem Igel in der Betreuungsgruppe für "schwerst an Demenz erkrankte, ambulant versorgte Bewohner". Der Einsatz der Tiere war von den betreuenden Mitarbeitern organisiert worden und fand sehr positive Resonanz bei den Teilnehmern. Ungewollt avancierte in Obertürkheim dagegen Cleo zum Hausliebling. Den weißen Schäferhund bringt Carmen Christ-Sattler mit, wenn sie Fußpflegetermine hat. Cleo, so Einrichtungsleiter Erwin Müller, sei ein sehr geschätzter lieber Hund, dessen alleinige Anwesenheit schon therapeutischen Charakter habe. Dazu passt ein Zitat, das uns Marianne Haug, die Chefin des Hauses im Park, mit auf den Weg gegeben hat. Es stammt von Leonardo da Vini: „Die Sprache der Tiere ist begrenzt, aber was sie zum Ausdruck bringen, ist wichtig und nützlich“.

Buchtipp zum Thema Hunde in der tiergestützten Therapie: 
Leckerlis in der Hand verstecken, einen Ball holen lassen, den Hund durch einen Agilitytunnel schicken oder auf der Terrasse ein Hütchenspiel mit Plastikeimerchen aufbauen – wer in Anne Kahlischs Buch „Tiergestützte Therapie in Senioren- und Altenheimen“ (Kynos Verlag, 112 Seiten) blättert, erhält viele Anregungen für die Arbeit mit Hunden. Die Autorin schrieb ihre Diplomarbeit zum Thema und ist Mitbegründerin des Vereins „Therapiehunde Brandenburg“. Deswegen informiert sie auch über Grundvoraussetzungen wie zum Beispiel Gesundheit von Mensch und Tier, Versicherung oder Bedürfnisse von Demenz-Personen. Am spannendsten sind freilich ihre Praxisbeispiele wie „Die Macht der Berührung“ beim Besuch von bettlägerigen und komatösen Bewohnern. Ebenfalls ein guter Tipp von Anne Kahlisch sind die Übungen zur Förderung der Grobmotorik und Mobilisation bei Bewohnern. Dies gelingt zum Beispiel mit Bürsten und Kämmen eines Hundes.

Januar 2016. Frank Bantle/pflegeinfos.net
Copyright Fotos: PR/Wohlfahrtswerk & Haus im Park, Bisingen











Donnerstag, 21. Januar 2016

Entwicklungen der Altenpflege in historischer Perspektive: Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft in Münster


Experte für die Geschichte der Pflege: Prof. Dr. Rüdiger Ostermann, FH Münster
 
In einem Brief an ihre Mutter aus dem Jahr 1831 schreibt Annette von Droste-Hülshoff, als sie schon fünf Wochen lang bei einer erkrankten Freundin wohnt, um sie zu pflegen und zu unterstützen: „Ich habe viel Last gehabt...“. Am Beispiel der berühmten Dichterin beleuchtet einer der Vorträge auf der fünften Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft e.V. (DGP) die Aufgaben und Risiken der häuslichen Krankenpflege.
 
Die Veranstaltung „Aktuelle Entwicklungen der Pflege in historischer Perspektive“ findet am Freitag (4. März 2016) von 10:30 bis 16:30 Uhr an der FH Münster, im Deilmannhaus, Johann-Krane-Weg 21, statt. Anmeldungen sind unter www.dg-pflegewissenschaft.de möglich.

Erst seit dem 19. Jahrhundert entwickelte sich eine Professionalisierung des Pflegeberufes. Die pflegehistorische Forschung ist ein noch relativ junges Wissenschaftsgebiet, welches die Sektion „Historische Pflegeforschung“ der DGP mit ihrer Fachtagung stärker etablieren möchte.
 
„Der Fachbereich Gesundheit als förderndes Mitglied der DGP freut sich, die Veranstaltung durchführen zu dürfen“, sagt Prof. Dr. Rüdiger Ostermann. Im Fokus stehen die vier Themen „Entwicklung der Pflegewissenschaft“, „Häusliche Pflege“, Palliative Care“ und „Pflegedokumentation.

Die Veranstaltung richtet sich an Wissenschaftler aus den Disziplinen Pflege, Medizin und Geschichte sowie an Praktiker aus der Gesundheitsbranche.
 
Information zur Veranstaltung und Anmeldung:

Januar 2016. Redaktion pflegeinfos.net
Copyright Fotos: PR/FH Münster


Pflege gestern und heute – es gibt große Unterschiede