Freitag, 7. Juni 2013

Videospiel Kinect für Xbox 360 im Einsatz in Seniorenwohnanlagen. Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg hat ein Projekt wissenschaftlich auswerten lassen

Durch Bewegung gesteuerte Konsolenspiele fördern die Koordination im Alter – und bringen zusätzlich Spaß, wenn sich Bewohner zu Spieleterminen treffen. Als sehr praktikabel für den Einsatz in Altenpflegeeinrichtungen und Seniorenwohnanlagen erweist sich das System "Kinect für Xbox360". Ein Erfahrungsbericht aus dem Wohlfahrtswerk für Baden-Württemberg: 

Schon seit fünf Jahren kommen beim Wohlfahrtswerk die Wii-Spielkonsolen zum Einsatz. In neun der 18 Häuser treffen sich regelmäßig Betreuer und Ehrenamtliche mit Bewohnern zum virtuellen Bowling oder zu Raterunden bei „Wer wird Millionär?“. Gefördert von der Eduard Pfeiffer-Stiftung, wurde das Projekt auch wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Die Ergebnisse sind in der aufschlussreichen Dokumentation „KonSenS – Konsolen für Senioren zum Spielen“ zuammengefasst. Jetzt hat das Wohlfahrtwerk mit dem Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft (InSpo) der Universität Stuttgart im Rahmen von KonSenS eine zweite Studie durchgeführt. Motto: „Spielend zu mehr Bewegung“.  

Ältere Menschen und gestengesteuerte Videospiele

Die Teilnehmer waren 18 Personen aus dem Betreuten Wohnen Stuttgart-West sowie aus dem stationären Bereich des Haus am Weinberg und der Else-Heydlauf-Stiftung in Stuttgart. Im Mittelpunkt der zweimonatigen Testphase, die erneut von der Eduard Pfeiffer-Stiftung unterstützt wurde, stand diesmal das seit Ende 2010 erhältliche System Kinect.

Diese Hardware-Komponente zur Steuerung der Videospielkonsole „Xbox 360“ von Microsoft besteht aus einer neuartigen Tiefensensor-Kamera, einem 3D-Mikrofon, einer RGB-Kamera und der dazugehörigen Software. Die Innovation von Kinect ist: Die Steuerung des Spiels erfolgt ausschließlich durch Körperbewegungen, meist sind es die Arme. Im Vergleich zur Wii und anderen Konsolen wird kein Controller (Steuerungsgerät ähnlich einer Fernbedienung) benötigt. Über Kinect lassen sich Bewegungsabläufe des Spielers erfassen und virtuell auf den Bildschirm umsetzen.

Selbst durch kleinste Positionswechsel der Person können Aktivitäten im Spiel durchgeführt werden. „Wir haben bei den Teilnehmern festgestellt, dass alleine schon die Bewegung vor dem Sensorgerät für Spaß und Gesprächsstoff sorgte“, berichtet Projektleiter Tibor Vetter vom Wohlfahrtswerk. Er verweist auch auf den deutschlandweit ersten Einsatz von Kinect in einer Altenpflegeeinrichtung.

Zum ersten Mal kamen während der zwei Monate dauernden Testphase im Herbst 2011 verschiedene Xbox360-Kinect-Spiele zur Anwendung: zum Beispiel „Ballon-Attacke“, wo Ballons mit Zahlen getroffen werden müssen und es um schnelle Reflexe geht. Oder „Stack em up“ zur Förderung der Motorik – hier gilt es wie bei Tetris herabfallende Formen zu fangen. Da das Projekt des Wohlfahrtswerks auch 2012 weiterlief, werden schrittweise andere Kinect-Spiele ausprobiert.

Gutes Gleichgewichtstraining für fitte Senioren


Ziel der Tests in Stuttgart war es, mit Kinect die Koordinations- und Gleichgewichtsfähigkeiten älterer Menschen auf eine neue, spielerische Weise zu fördern. Gleichzeitig sollte – ähnlich wie beim Wii-Einsatz – die Akzeptanz und Benutzerfreundlichkeit des High-Tech-Systems in der Altenarbeit untersucht werden. 

Wie sieht das Fazit von Wohlfahrtswerk und InSpo aus? Was können andere Altenhilfe-Einrichtungen für die Praxis lernen?
 
• Kinect/Xbox eignet sich, um das Gleichgewicht und die Koordination von Senioren zu trainieren und zu verbessern. Ob diese positiven Effekte länger anhalten und mit einer Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens einhergehen, kann jedoch nur in einer größer angelegten Studie evaluiert werden.

• Das System wird von älteren Menschen akzeptiert und ist somit für die Zielgruppe geeignet. Die Ergebnisse lassen sich allerdings nur bedingt verallgemeinern, da an der Studie nur gesunde und „fitte“ Personen teilgenommen haben. Kognitiv oder körperlich eingeschränkte ältere Menschen könnten somit im Fokus einer weiteren Untersuchung liegen.


• Für eine Gesundheitsförderung ist Kinect auf jeden Fall sinnvoll und erfolgversprechend, wenn die Teilnehmenden körperlich und geistig kaum oder nicht eingeschränkt sind. Nur wenige der während der Testphase eingesetzten Spiele konnten zum Beispiel von Rollstuhlfahrern oder demenziell erkrankten Menschen gespielt werden.


• Kinect schafft Kommunikation. Egal, um welches Spiel es sich handelte – in den Testgruppen gab es immer Diskussionen oder lustige Dialoge zum Inhalt der Videospiele. Und auch über die Einrichtung hinaus sorgt Kinect für Beachtung, wie die Rückmeldung einer Teilnehmerin beweist: „Als ich meinem 11-jährigen Enkel davon erzählte, bekam er große Augen. Er hat eine Wii zu Hause und wünscht sich aber schon länger die Kinect-Konsole.“
  

Juni 2013. Frank Bantle/Redaktion pflegeinfos.net







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