Samstag, 21. Juli 2018

Sexuelle Belästigung und Anmache im Pflegealltag: BGW Berufsgenossenschaft rät zu klaren Reaktionen und Schulung der Pflegekräfte

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kommt nicht nur zwischen Führungskräften und Beschäftigten und zwischen Kolleginnen und Kollegen vor. Pflegekräfte beispielsweise erleben sie auch im Kontakt mit betreuten Menschen und Angehörigen. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) rät, sexuelle Belästigungen in jeder Situation entschlossen zurückzuweisen. Sie ist für über acht Millionen Versicherte in rund 630.000 Unternehmen zuständig.

Die BGW unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe beim Arbeitsschutz und beim betrieblichen Gesundheitsschutz. Nach einem Arbeitsunfall oder Wegeunfall sowie bei einer Berufskrankheit gewährleistet sie optimale medizinische Behandlung sowie angemessene Entschädigung und sorgt dafür, dass ihre Versicherten wieder am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können. 

Alle Formen der Belästigung ernst nehmen
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist für die Bereiche Pflege und Betreuung bislang kaum erforscht. Eine Vorstudie der BGW und der Universität Hamburg zum Thema gibt aber Hinweise darauf, dass wahrscheinlich viele Beschäftigte im Pflege- und Betreuungskontext entsprechende Erfahrungen machen. Das Spektrum reicht von nonverbalen Belästigungen wie dem Zeigen anzüglicher Bilder oder Gesten über entsprechende verbale Äußerungen bis hin zu körperlichen sexuellen Übergriffen.
Auch in Altenheimen, so berichten Betroffene, kommt es immer wieder zu "Anmache" und Anfassversuchen.

Ferner deutet die Befragung von 345 Personen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen auf Zusammenhänge zwischen sexueller Belästigung und Gesundheitsproblemen wie Depressivität und psychosomatischen Beschwerden hin - auch bei nonverbalen und verbalen Vorfällen. "Man sollte also nicht nur gravierende körperliche Übergriffe, sondern alle Formen der Belästigung ernst nehmen", erklärt Projektleiterin Dr. Mareike Adler von der BGW.

Klare Ansage in drei Schritten

Wenn es zu einer Belästigung kommt, empfiehlt die BGW dem Pflegepersonal eine deutliche Reaktion in drei Schritten:

1. Aussprechen, was gerade passiert ist
2. Sagen, was das mit einem macht

3. Fordern, was das Gegenüber zukünftig tun oder lassen soll

Konkret kann das zum Beispiel lauten: "Sie haben gerade eine sexuelle Anspielung gemacht. Das verletzt mich. Unterlassen Sie das!" Ein solches Antwortschema erfüllt gleich zwei Funktionen, wie Arbeits- und Organisationspsychologin Dr. Heike Schambortski von der BGW erläutert: "Es hilft, in entsprechenden Situationen schnell und resolut zu reagieren. Und es zeigt der belästigenden Person sofort auf, dass sie eine Grenze überschritten hat."

Keine Diskussionen führen

Keinesfalls sollte man sich auf Diskussionen einlassen, so der Rat der BGW. "Was eine Verletzung ist, bestimmt die verletzte Person, nicht die verletzende", betont Dr. Schambortski. "Menschen nehmen unterschiedlich wahr, was eine sexuelle Belästigung ist und wie schwer sie die betroffene Person verletzt."

Für den beruflichen Kontext gibt es klare Grenzen: "Alle Worte und Handlungen, die Männer und Frauen in ihrer Sexualität spiegeln, haben am Arbeitsplatz nichts zu suchen", stellt die Expertin klar. Das gelte ebenso für Pflege- und Betreuungssituationen.

Zum betrieblichen Arbeitsschutz gehört auch der Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung. Weitere Informationen zu betrieblichen Maßnahmen finden sich in einem Fachbeitrag unter www.bgw-online.de/goto/sexuelle-belaestigung. 


Juli 2018. Redaktion pflegeinfos.net/ Text: ots, Hamburg
 


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